Toleranz – liebevoll umgesetzt in Bild und Wort
„Irgendwie Anders“ ist eine sehr niedlich gezeichnete Phantasiefigur, die eben anders ist als Andere. Er strengt sich sehr an dazu zu gehören, passt sich an, versucht alles richtig zu machen – und wird doch immer wieder ausgegrenzt. Erst als „Das Etwas“ – eine wuschlig aussehende Figur mit Rüssel und Pfote – an seine Tür klopft und beide Freunde werden, löst sich die Traurigkeit auf.
Ein Kinderbuch über Ausgrenzung, Trauer darüber und die Kraft von Toleranz. Umgesetzt wird dieses wichtige Thema altersgerecht mit kurzen Sätzen und ansprechenden Bildern.
Situationen wie sie Kinder, die ausgegrenzt werden, sicher kennen: beim Wunsch mit anderen zu spielen, zu malen, gemeinsam zu essen, und die Trauer darüber wenn man immer wieder abgewiesen wird. Der emotionale Aspekt dieses Prozesses ist in den Illustrationen stark und ausdrucksvoll wiedergegeben: die Hoffnung von „Irgendwie Anders“ in seinem Gesicht, wenn er ein tolles Bild gemalt hat wie auch die Trauer, wenn er von anderen weggeschickt wird. Und es dann doch wieder versucht.
Meine Enkel haben die dargestellten Emotionen sofort erkannt und benannt, konnten sie gut nachvollziehen, was ja in der Altersgruppe eine wichtige Entwicklungsphase ist. „Wieso darf er denn nicht mitessen, er ist dann doch ganz traurig“. Ich freue mich immer, wenn Bilder in Kinderbüchern die Darstellung von Gefühlen so gelungen umsetzen. Überhaupt die Illustrationen: in schönen, gut aufeinander abgestimmten Farben sehr auf die Figuren von „Irgendwie Anders“ und „Das Etwas“ zentriert, bietet der Hintergrund oft witzige Details, etwa der geflickte große Lehnsessel oder die in grau-blau gehaltene Berglandschaft im Hintergrund. Die Geschichte schließt damit, dass ein Junge als auch anders zusammen mit den beiden Figuren im Lehnsessel sitzt, ein gelungener runder Abschluss und konkreter Bezug zu Kindern.
Meine drei Enkelkinder, mit denen ich das Buch gelesen habe (knapp 3 bis 4,5 Jahre alt) brauchten etwas Unterstützung, um die Gemeinsamkeit von „Irgendwie Anders“ und „Das Etwas“ herauszufinden – eben dass sie beide verschieden sind.
Wir haben dann darüber gesprochen, welche FreundInnen sie in der Kita haben, und mit welchen Kindern sie warum nicht so gerne spielen. Dabei fiel mir auf, dass in diesem Alter Aussehen keine Rolle spielte, sondern Sätze wie „Ich mag V. nicht weil er mich immer haut“ oder „Ich habe mich wieder mit P. vertragen, aber wenn sie mir nochmal Sand in die Augen schmeißt dann spiele ich nie mehr mit ihr“ fielen. Ich denke, das Thema „Anders aussehen“ wird in den nächsten beiden Jahren für sie noch akutell werden, dann kommt dieses Buch sicher noch öfter zum Einsatz.
Mein Fazit: Der Oetinger-Verlag steht für qualitativ hochwertige Kinderbücher, und das hat sich auch bei diesem Buch wieder bestätigt.
„Irgendwie Anders“ setzt die Thematik von Anders sein und Ausgrenzung erfahren für die Altersgruppe der 4-6Jährigen sehr gekonnt um, und die Illustrationen dazu passen super, sind sehr ansprechend und einfach nur schön gemalt.
Das Buch hat im Jahr 1997 den Unesco-Preis für Kinder- und Jugendliteratur bekommen, und das meiner Meinung nach sehr zu Recht. Das Buch regt an, über ein gutes Miteinander zu sprechen, und es ist bei weitem „nicht nur“ ein Buch für Kinder, die sich als Außenseiter erleben.
Unsere Buchbotschafterin: Gudrun Niewendick hat das Buch mit drei Enkelkindern (von knapp 3 Jahren bis 4,5 Jahre)
Autorin: Kathryn Cave
Illustrationen: Chris Riddell
Titel: Irgendwie Anders
Verlag: Friedrich Oetinger Hamburg
Erscheinungsjahr: 1994
Umfang: 28 Seiten, fester Einband
Preis: 14 Euro
Alter: 4-6 Jahre